Was prägt die Zukunft des Inkassowesens in Deutschland? Seien Sie dabei, wenn Alexander Frick, Country Manager Deutschland, Österreich & Schweiz (DACH) von QUALCO, mit Dennis Stratmann, Managing Director vom BDIU, spricht:
1️⃣ Die Modernisierung der Inkassowirtschaft: Compliance, Digitalisierung und neue Erwartungen der Verbraucher.
2️⃣ Die zunehmende Rolle der Technologie: KI-gesteuerte Innovationen mit Fairness und Datenschutz in Einklang bringen.
3️⃣ Warum ein frühzeitiges Engagement und eine partnerschaftliche Einstellung heute der Schlüssel zu nachhaltigem Einzug von rückständigen Forderungen sind.
📕 Lesen Sie lieber? Dann haben wir genau das Richtige für Sie.
Lesen Sie Dennis Stratmanns Reflektionen über die Zukunft der Inkassowirtschaft:
Alexander Frick: Herzlich willkommen beim Credit One to One. Ich freue mich sehr, heute Dennis Stratmann, den CEO des BDIU, bei uns als Gast zu haben. Toll, dass du Zeit gefunden hast, mit uns das Gespräch zu führen. Kurze Geschichte zu dem Credit One to One. Das ist eine neue Serie, die wir bei Qualco aufgelegt haben, wo wir mit Personen sprechen, die relevant sind in der Inkasso-Industrie und die viele spannende Dinge zu erzählen haben. Und deswegen lohnt es sich, zuzuhören, dran zu bleiben, auch bis zum Ende, weil es wird ganz spannend. Gerne möchte ich unseren Gast vorstellen.
Bitte Dennis, erzähl doch kurz was über dich.
Dennis Stratmann: Ja, Alex, vielen Dank für die Einladung erst mal, dass ich hier bei dem Pilot eurer Podcast-Reihe als Gast auftreten darf. Ich bin Dennis Stratmann, seit rund zehn Jahren beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen. Ich bin von Hause aus Jurist, Politologe und Kommunikationswissenschaftler und bin jetzt seit drei Jahren Geschäftsführer des größten Berufsverbands der Inkassobranche in Deutschland. Wir als Verband, wir vertreten gut über 400 Mitglieder, Inkassounternehmen, völlig unterschiedlicher Art und Güte. Die Masse unserer Mitgliedsunternehmen sind kleine und mittlere Unternehmen und wir haben auch eine Handvoll sehr große transnational agierende Unternehmen, also eine sehr heterogene Mitgliedschaft. Wir repräsentieren, wenn man von Marktvolumen spricht, deutlich über 80 % des deutschen Inkassomarktes, was Unternehmenszahlen angeht, also im Rechtsdienstleistungsregister. Es ist so, das Register, in dem jeder Inkassodienstleister eingetragen sein muss, sind knapp 2000 Unternehmen eingetragen. Die meisten davon sind aber nicht wirklich am Markt aktiv oder nur sehr sporadisch, machen das als Nebengeschäft. Unsere Mitglieder sind in aller Regel im Hauptgeschäft im Inkasso tätig. Daher kommt so ein bisschen die Diskrepanz. Ein Viertel der registrierten Inkassodienstleister, die wir vertreten, aber eben deutlich über 80 % des Marktvolumens. Jährlich übernehmen unsere Mitglieder Forderungen, Aufträge von über einer halben Million Auftraggebern aus allen Teilen der Wirtschaft. Viel Handel, sowohl Onlinehandel als auch lokaler Handel, Handwerk ist dabei, Versicherung, Telekommunikationssektor, eigentlich alles, wo Vertragsverhältnisse entstehen und gegebenenfalls zahlungsgesteuert sind. Der Bankensektor ist ein großer Auftraggeber und pro Jahr kommen auf diese Art und Weise von der halben Million Auftraggeber ungefähr 30 Millionen Forderungen in den Inkassoprozess. Das heißt, 30 Millionen neue Aufträge für die Branche pro Jahr. Das ist ein ziemliches Wachstum. Vor drei, vier Jahren waren das noch 20 Millionen. Können wir vielleicht gleich ein bisschen darüber sprechen, wie sich das erklärt, dass da 10 Millionen, 50 % mehr Forderungen in den Markt kommen. Und es werden natürlich nicht alle Forderungen innerhalb dieses einen Jahres gelöst, geklärt. Am Ende des Tages werden viele Forderungen langfristig bearbeitet, in Deutschland teilweise bis zu 30 Jahren. Das ist die Verjährungsfrist. Und das führt dann dazu, dass wir, je nachdem, wie die konjunkturelle Lage ist, wie der Inkassoprozess läuft, sind in Bearbeitung, in guter Bearbeitung, so zwischen 60 und 90 Millionen Forderungen pro Jahr. Das sind die Bestände, mit denen unsere Mitgliedsunternehmen tätig sind. Vielleicht noch ein, zwei Worte, was wir als Verband machen. Wir sind eine Vereinigung von Inkassodienstleistern. Wir vertreten die Interessen in einem sehr umfangreichen Sinne. Das ist einmal die klassische Lobbyarbeit, Public Affairs. Also wir schauen, dass Gesetzgebung so funktioniert, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Umstände im Inkassomarkt gute Entscheidungen treffen kann. Wir machen Öffentlichkeitsarbeit, wir tun etwas für die Reputation. Wir sind wesentlicher Akteur in der beruflichen Außenwahrterbildung. Wir haben eine Tochtergesellschaft, die Deutsche Inkassoakademie, in der wir schauen, dass sachkundiges Personal Inkassodienstleistungen erbringt. Und wir sind Anlaufstelle für Verbraucher, aber auch für Auftraggeber, wenn irgendwo in einem Inkassoprozess Konflikte auftreten, die geschlichtet werden sollen. Das sind so die Services, die wir als Verband erbringen. Wir sitzen in Berlin mit zwischen 10 und 14 Mitarbeitern, je nachdem, was man dazu zählt, mit den Gesellschaften. Also ein kleiner Verband, der eine große relevante Branche vertritt.
Alexander: Vielen herzlichen Dank, Dennis, für die Einführung. Ich möchte kurz noch was zu meiner Person auch sagen. Mein Name ist Alexander Frick. Ich bin der Country Manager für Qualco, mit Sitz in München. Wir kümmern uns hier in meiner Region Deutschland, Österreich und die Schweiz. Für alle, die es noch nicht wissen, Qualco ist ein Softwareunternehmen mit 1.200 Mitarbeitern, mit Hauptsitz in Athen. Wir sitzen aber ganz genauso in Paris, in Mailand, in London und in anderen europäischen Metropolen. Haben viele Kunden aus dem Inkasso-Bereich. Unsere Kernkompetenz ist die Software für Inkasso-Unternehmen und viele andere Dinge, die noch dahinter hingen.
Jetzt würde ich gerne so ein bisschen einsteigen, Dennis. Du hast schon sehr spannend erzählt, was der BDIU so macht. Es ist ja ein großes Spektrum, auch sehr viele Mitglieder, 80% der Inkassounternehmen sind bei euch Mitglieder. Das ist eine große Menge und dadurch habt ihr natürlich auch eine große Strahlkraft, weil du dich einfach sehr gut auskennst in diesem Bereich. Was ist denn der aktuelle Stand der Inkassobranche? Also die entwickelt sich ja rasant. Es gibt viele zentrale Themen und Trends, die den Markt prägen. Wie reagiert der BDIU darauf? Und vor allen Dingen, was sind gerade so die Themen, die euch besonders beschäftigen und besonders wichtig sind?
Dennis: Ja, du hast recht. Die Inkasso-Branche vielleicht weniger, sondern der Inkasso-Markt verändert sich rasant. Das Mode-Wort „disruptiv“ würde ich jetzt hier nicht verwenden, aber es ist ja so, dass Inkasso eine Dienstleistung ist, die sich immer sehr stark an den Bedürfnissen der Auftraggeber ausrichtet. Auf der anderen Seite ist ein Inkassodienstleister irgendwo ein Mittler. Er tritt auf, wenn zwischen zwei Vertragspartnern, die üblicherweise eine lange gute Geschäftsbeziehung hatten, plötzlich irgendwas schiefläuft. Der Auftraggeber, der irgendwo seine vertragliche Leistung erfüllt hat, weiß nicht mehr weiter, er kommt nicht zu seinem Geld, dann beauftragt er den Inkassodienstleister und der soll helfen und der soll natürlich möglichst schonend auch helfen. Das heißt, das sind nicht nur die Belange des Auftraggebers, die zentral sind, sondern am Ende auch die Belange des Gegenübers, des direkten Ansprechpartners, des Inkassodienstleisters, des Schuldners. Wir haben schon mal zwei Akteure, die die Bedürfnisse haben, an denen sich der Inkassodienstleister ausrichten muss, und die wandeln sich natürlich. Wir haben auf der Auftraggeberseite erst mal den Effekt, es ist so, grundsätzlich kann jeder das Inkasso bis zu einem gewissen Punkt selber machen und im Zweifelsfall auch das gerichtliche Mahnverfahren. Das ist dann der Weg, wie man über den Staat Ansprüche durchsetzt, die dann selbst einleiten, aber es ist so, wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Die gesamten europäischen Staaten leiden unter einem großen Fachkräftemangel, nicht nur Fachkräftemangel, sondern Arbeitskräftemangel und Unternehmen konzentrieren sich seit vielen, vielen Jahren und das geht weiter der Trend
immer stärker auf das Kerngeschäft. Das heißt, der Onlinehändler möchte schauen, dass er gute Produkte anbietet, dass er ein gutes Marketing macht, dass er gesehen wird. Er möchte die Produkte verkaufen und dann möchte er vielleicht noch eine Mahnung schicken, Zahlungserinnerung, aber irgendwann ist das nicht mehr seine Expertise. Er hat das rechtliche Know-how nicht, wie man eine Forderung durchsetzt, wie spreche ich mit dem Schulden am besten. Da ändert sich viel. Da gibt es den Bedarf einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung und das bildet den Kasso ab. Jetzt ist es so, wir haben Wenn wir noch vor 15, 20 Jahren denken, das kennst du wahrscheinlich auch noch, man ist einkaufen gegangen irgendwo in die Fußkundezone und hat vieles bar bezahlt, den Kleidereinkauf für die Kinder, den Einkauf, den man selbst gemacht hat. Mittlerweile verlagert sich alles noch mal beschleunigt durch die Zeit der Pandemie in den Onlinehandel, ins Fernabsatzgeschäft. Man kauft kleinere Warenkörbe, man kauft sich die Socken irgendwo über den einen Anbieter, man kauft sich die T-Shirts fürs Kind über den anderen, man kauft sich seinen T, was auch immer. Und das sind alles einzelne Transaktionen, einzelne Vertragsschlüsse. Das heißt, die Zahl der Vertragsschlüsse wird stark rasant an und die Höhen der Vertragsschlüsse, also die Geldwerte, die sinken ab. Wir haben also eine Zunahme an Vertragsschlüssen und das ist so, wenn ich 120 Wenn ich Vertragsschluss irgendwo im Onlinehandel habe, dann ist ein gewisser Prozentsatz zahlungsgestört. Also das führt schon mal dazu, dass mehr Forderungen in das Inkasso reingehen. Und der Onlinehandel, der bringt natürlich auch Tücken mit sich. Ich weiß nicht immer ganz genau, wer da sitzt. Die Leute sitzen dezentraler, Das heißt, auch überhaupt mal die Schulden dazu finden, die richtige Ansprache zu finden, das wird schwieriger. Da muss sich der Inkassodienstleister anpassen. Also der Kassodienstleister muss ein deutlich größeres Volumen abarbeiten und er muss eben deutlich zielgenauer mit den Schulden, mit den Verbrauchern in der Regel kommunizieren, die Sachverwaltung aufzuklären. Also das ist eine der Triebkräfte, auch in Kassodienstleistern, Leiden am Fachkräftemangel. Das heißt, auch die müssen sich überlegen: „Wie bilde ich das ab? Wie kann ich meine Dienstleistungen weiter qualitative hochwertlicher bringen, ohne den großen Pool an menschlichen Mitarbeitern zu haben, Menschen zu haben, die die Dienstleistung gut erbringen, die das Ganze managen? Und da ist natürlich die Digitalisierung ein großes Thema, was in einer Branche wie den Kassobranche, die traditionell davon lebt, dass sie skalieren können, dass sie viele Fälle mit Unterstützung effektiv bearbeiten kann, die schaut natürlich immer, wie kann ich Potenzial aus dem Bereich Digitalisierung bergen? Das sind so die wirtschaftliche Seite, sage ich mal, was den Markt verändert im Moment.“ Die andere Seite ist, und so geht es letztlich jeder Inkassobranche europaweit. Der Regulierungsdruck ist natürlich groß. Es ist eine Dienstleistung, die sich naturgemäß qua Definition in einem konfliktgeladen Bereich abspielt. Ein Vertragsverhältnis wird nicht erfüllt, jemand erfüllt seine Pflichten nicht. Dann kommt ein dritter Akteur, der im Kassodienst da ist, der der Kasseanwalt auf dem Plan schreibt Briefe. Das kostet natürlich Geld. Das mag nicht jeder. Ich kenne kaum jemanden, der sagt: „Ich habe da ein Inkassoschreiben bekommen. Das war super, da freue ich mich drüber.“ Da gibt es natürlich immer mal Beschwerden und das geht dann natürlich auch … da hat dann der Gesetzgeber auch einen Fokus drauf und wir sehen so seit zehn, zwölf Jahren in allen Branchen einen stärkeren Trend zur Regulierung, auch zu kleinteil in die Regulierung. Vor zwei Jahren war der ehemalige Justizminister bei einem unserer Kongresse, der ehemalige deutsche Justizminister Marco Buschmann von der FDP und der sagte, er kenne kaum eine Branche, die in der letzten Dekade so stark und so kleinteilig reguliert wurde wie der Inkassomarkt. Und das ist natürlich eine der Herausforderungen, mit der unsere Mitglieder kämpfen. Regulierung kostet immer auch Geld. Ich muss mich anpassen. Ich muss meine Prozesse neu sortieren. Und wir als Verband versuchen natürlich, Regulierung zu moderieren, versuchen vernünftige Ergebnisse zu erzielen. Also wenn man das zusammenfassen möchte, wir haben einmal den Trend der weiteren Digitalisierung von Vertragsabschlüssen, mehr absatzrechtliche Vertragsabschlüsse. Wir haben dadurch Wir haben deutlich mehr Aufträge im Inkasso. Wir haben stärkere Bedürfnisse von Auftraggebern, aber auch von Schulden, für eine individuelle Kommunikation, zielgerichtete Kommunikation. Mehr einen konsensualen Weg des Inkassoprozesses als einen Weg, der mit Recht Ansprüche durchsetzt. Und wir haben regulatorische Hemmnisse in allen Bereichen, die es für die Branche nicht unmöglich machen, gut zu agieren. Das wird eben schwieriger machen.
Alexander: Ja, das ist ganz entscheidend, was du sagst. Die partnerschaftliche Vorgehensweise zwischen Kasseunternehmen und Schulden ist, glaube ich, heute ein großer Erfolgsfaktor, dass man denjenigen, der etwas schuldet, nicht als Gegner sieht, sondern als Partner und damit eben, was wir in unseren zahlreichen Gesprächen auch herausbekommen, deutlich höherer Realisierungsquoten auch erzielt. Du hattest gesagt, Dennis, eingangs von 20 Millionen auf 30 Millionen. Sind die Fälle gestiegen. Das ist sehr, sehr interessant. Vielleicht magst du uns erklären, was dahinter steckt.
Dennis: Ein Element hatte ich ja schon erwähnt. Das ist vor allen Dingen mal das veränderte Kaufverhalten, die Auftraggeber von Inkasso schauen natürlich, gerade im Onlinehandel, im Handel, dass sie es möglichst convenient für potenzielle Kunden machen, Produkte zu kaufen. Die Warenkörper werden kleiner, es wird nicht weniger gekauft, aber eben kleinteiliger gekauft und Produkt hier und Produkt da und dadurch sind mehr Vertragsschlüsse da. Die natürlich, naturgemäß, sind wir dann auch zu einem gewissen Prozentsatz irgendwann im Inkasso landen. Das ist einfach so. Häufig höre ich, muss ja an der Wirtschaftskrise, an der Zeit multiple Krisen liegen. Da habe ich immer so ein bisschen meine Schwierigkeiten. Inkasso ist, ja auch die Dienstleistung, selber sehr heterogen, wenn ich für einen großen Anbieter im ÖPNV arbeite, zum Beispiel hier in Berlin oder den öffentlichen Nahverkehr hier in Berlin oder in München, da ist es natürlich so, da habe ich ganz viele Leute, die ihr Abo haben. Die meisten bezahlen es, aber der eine oder andere, den gibt es, der hat kein Geld für einen Monat, der bezahlt es nicht. Aber da sind eben auch ganz viele Schwarzfahrfälle drin und wir wissen aus München zum Beispiel, ist der Schwarzfahr irgendwo auch ein Kavaliersdelikt ist. Hier in Berlin ist das auch irgendwo so ein Hobby, schwarz zu halten. Also oft gar keine Leute, die kein Geld haben, sondern das sind Leute, die, weil sie schludrig sind, weil sie das Risiko suchen, mal so ein bisschen Geld sparen wollen, einfach mal versuchen, mit etwas durchzukommen, Rechnung nicht bezahlt sind, was auch immer, die landen im Inkasso und das sind eigentlich auch die Fälle, die so klassisch sind, die einen ganz großen Teil ausmachen. Also Menschen, die jetzt nicht in einer finanziellen Schieflage sind, zumindest nicht in einer nachhaltigen finanziellen Schieflage, die temporär nicht bezahlen können, wo der Inkassodienstleister dann dahergehen muss und schauen muss, warum kann die Person nicht zahlen, woran liegt es? Braucht er ein bisschen Druck? Muss ich dem aufzeigen, das und das sind die Konsequenzen. Was bietet das Gesetz, wenn du weiter nicht bezahlst?
Oder ist das jemand, wo ich sagen muss: „Hey, hör mal Woran liegt es? Können wir einen gemeinsamen Weg finden? Eine Zahlungseinbarung? Müssen wir das Ganze noch mal in eine Stunde? Brauchst du ein bisschen mehr Zeit? Also das ist so die Hauptmasse an Fällen und wir haben natürlich auch Fälle mit dabei in allen Bereichen, aber gerade in den Segmenten des Inkassoprozesses wo es höherpreisige Forderungen geht, also Bankenkredite, Ausfinanzierung und Co, wo auch immer mal wieder Einzelschicksale drin sind, wo die Personen die Summe tatsächlich nicht bezahlen können. Und da geht es natürlich auch darum, mit Fingerspitzengefühl vorzugehen, die Sachverwaltung zu identifizieren, langfristig tragfähige Lösungen zu finden und wenn es wirklich Härtefälle sind, auch mal den Verweis: „Hey, du brauchst Unterstützung, die wir als Inkassodienstleister dir nicht liefern können, suche die Hilfe bei der Schuldenoperator und lass uns da von den Inkassodienstleister zur Schuldenoperator versuchen, einen Weg zu finden.
Alexander: Ich habe so ein bisschen an Legal Tech gedacht, weißt du? Das ist doch ein ganz spannendes Thema, dass es da 500.000 Auftraggeber aktuell gibt in dem Bereich. Vielleicht kannst du dazu noch mal was sagen.
Dennis: Ja, Legal Tech ist so ein bisschen auch ein Modewort, dass das im Moment viel herum ist, aber auch ein schönes Wort. Ich habe gar kein Problem, drüber zu sprechen. Ich sage immer, eigentlich ist Inkasso seit vielen, vielen Jahren, spätestens seit Anfang Mitte der 90er, so was wie Legal Tech. Man muss vielleicht verstehen, in Inkasso in Deutschland, das ist anders als im europäischen Ausland, ist die Inkassodienstleistung …es gibt dieses öffentliche Wort Inkasso.
Da denkt man, irgendjemand versucht, Geld zu realisieren für einen Auftraggeber, aber eigentlich ist „Inkasso“ erst mal ein rechtlicher Begriff. In Deutschland ist es so: Rechtsberatung dürfen Anwälte machen. Anwälte machen auch oft „Inkasso“, eher kleinteilig weniger im Hauptgeschäft als „Inkassounternehmen“, aber es dürfen eben unter gewissen Umständen auch andere Leute Rechtsberatung erbringen, die nicht Anwalt sind. Und einer der Erlaubnistatbestände, das ist der juristische Term, für die Erbringung von Rechtsberatung ist auch die Inkassodienstleistung. Und davon muss ich eben Sachkunde nachweisen. Das hatte ich angedeutet, das machen wir als Verband. Und dann darf ich in einem gewissen Umfeld im Kontext der Inkassodienstleistung, also bei der rechtlichen Beratung im Kontext der Anspruchsdurchsetzung, der Forderungsdurchsetzung, ähnlich eines Anwaltes, in vielen Bereichen gleich eines Anwaltes, gerade im der Gerichtlichen, tätig sein. Und unsere Mitglieder haben das viele, viele Jahre sehr erfolgreich gemacht. Die haben qualitativ hochwertige Rechtsberatung mit Mitteln der IT, hätte man damals gesagt, automatisiert und dadurch Skaleneffekte borgen. Heißt einfach, eine qualifizierte Person, eine sachgründige Person, kann mit IT-Unterstützung viel mehr Fälle bearbeiten. Und Inkasso, das ist das, was du kennst, ist ja üblicherweise, ich habe einen Auftraggeber, der Auftraggeber hat viele, viele Schuldner und die kontaktiere ich. Und Legal Tech ist so der neue Trend, ist auch ein Trendwort. Das wird vorrangig verwendet für, auch Inkassounternehmen, aber eben solche, die nicht für einen Auftraggeber und viele, viele Schuldner unterwegs sind, sondern die für wo viele, viele Auftraggeber in vielen Fällen unterwegs sind und einen großen Schuldner haben. In Berlin kennt man das aus dem Mietsegment. Da gibt es Inkassounternehmen, die Mietern sagen: „Hey, hör mal zu. Wir prüfen für dich online, häufig IT-gestützt, ob dein Mietvertrag den gesetzlichen Regularien aus dem Mietenspiegel entspricht. Und wenn das nicht so ist, dann machen wir ganz klassisch am Ende, wie ein Inkassounternehmen, die Differenz, also die Überzahlung, geltend und gucken, dass du nachhaltig deine Miete reduzierst. Was man vielleicht auch kennt, ist aus dem Fahrgastrechte-Bereich, wenn Flieger Verspätung haben oder die Deutsche Bahn mal wieder Verspätung hat, dann gibt es eben professionelle Dienstleister und Inkassounternehmen, die sagen: „Wendet euch an uns. Wir schauen, was ihr realisieren könnt, was für einen Anspruch ihr gegenüber dem Unternehmen habt und wir machen den für euch geltend und ihr bekommt nicht nur recht, sondern auch euer Geld zurück und wir finanzieren unseren Business Case darüber. Ja, also Legal Tech ist so ein Ein bisschen Trend. Ich persönlich denke, dass unsere Mitgliedsunternehmen seit vielen, vielen Jahren Legal Tech machen. Es ist eben Rechtsberatung, die in der Quantität bei gleichbleibender Qualität nur möglich ist, wenn man sie auf IT und auf digitale Technologien stützt.
Alexander: Ja, auf jeden Fall, weil dieser Anstieg der Fälle ist ja auch signifikant und es muss bearbeitet werden. Und da ist natürlich Software das Mittel der Wahl, um diesen Dingen eben auch professionell Herr zu werden. Nochmal zusammenfassend, Legal Tech stärkt quasi die Verbraucher bei ihren Ansprüchen gegenüber Wirtschaftsunternehmen und das ist eine feine Sache. Jeder von uns hat schon erlebt: Flug ausgefallen, Flug gecancelt. Man wird am langen Arm oft verhungert oder verhungern gelassen und kann dann auf diese Art und Weise seine Rechte auch bekommen, die einem auch zustehen.
Dennis: Ja, ich würde vielleicht so was sagen. Vielleicht, Verzeihung, Alex. Ich würde vielleicht sagen, Inkasso ist ja allgemein das. Inkassounternehmen, ganz gleich, ob sie sich an Verbraucher richten, jedes Inkassounternehmen kannst du auch, viel Inkassounternehmen kannst du auch als Verbraucher kontaktieren, die das nicht im Hauptgeschäft machen, aber jeder Inkassodienstleister schaut, dass er Menschen zu ihrem Recht verhilft. Und die Anwaltschaft, die darf diese Dienstleistung auch erbringen, aber in der Regel sind die nicht so aufgestellt strukturell in ihren Kanzleienunternehmen, dass die die Flügezahl an Fällen bearbeiten. Und das sind eben Fälle, ganz gleich, ob das jetzt die Handwerker sind, die irgendwo in der deutschen Provinz sitzen und rechtlich welchen Beistand suchen oder ob es die Flugreisenden sind, die Verspätung haben oder ob es die Mieter in Berlin sind. Das sind eben alles Personen, die haben ein Unrechtsgefühl. Da besteht ein Anspruch, der irgendwo durchgesetzt werden muss. Das schaffen sie selber nicht. Und da kommt eben der Kassodienstleister, ob man den jetzt Legal Tech nennt oder nicht, ins Spiel und schaut, dass er mit seiner Expertise im Rechtlichen, aber eben auch mit seiner Expertise, mit seiner IT-Struktur, die ja dahinter liegen hat, möglichst vielen Leuten zum Recht und letzten Endes weil darum geht es Inkasso natürlich auch, zu dem Geld verhilft.
Alexander: Ja, ist doch genial, dass das eben nicht nur eine einspurige Straße ist, nicht, dass eben ein Wirtschaftsunternehmen Geld vom Schuldner haben möchte, sondern dass es auch genauso andersherum sein kann, dass man eben sein Recht gerne durchgesetzt hätte und wo Inkassounternehmen dort eine wertvolle Arbeit leisten, dem eben auch die Möglichkeit zu geben. Machen eigentlich die meisten Inkassounternehmen auch diese Art, dass der quasi jemand zu Ihnen kommt, der Ansprüche gegen, zum Beispiel, eine Fluggesellschaft hat? Machen das alle oder ist das nur ein gewisser Teil an einem Inkassounternehmen, die sich darauf spezialisiert haben? Oder gehört es zum Gesamtportfolio eigentlich eines jeden Inkassounternehmens, beides Wege abzudecken.
Dennis: Generell, und das ist ein Trend, den sehen wir schon, wir sehen einen Inkassomarkt, in dem sich Unternehmen sehr stark spezialisieren. Nicht jedes Unternehmen macht das, aber es ist doch so, dass die Anforderungen schon alleine aus den unterschiedlichen Auftraggebersegmenten, also da, wo die Gläubiger letzten Endes herkommen, sehr unterschiedlich sind. Die Versicherungsbranche, zum Beispiel ein großer Auftraggeber in Deutschland, die hat oft langfristige Verträge, Versicherungsverträge teilweise, die ein Leben lang laufen. Da sind die Bedürfnisse ganz andere. Da ist auch der Antrieb des Schuldners, die Sache dann doch zu bezahlen, völlig andere als der im Onlinehandel beispielsweise ist, wo häufig gar keine nachhaltige, langfristige die Geschäftsbeziehung besteht, gerade zwischen kleinen Onlineshops. Da kaufst du vielleicht einmal in deinem Leben ein. Wir haben aber auch, ich hatte das schon erwähnt, im ÖPNV-Segment, da haben wir eine große Zahl an Schwarzfahrern, teilweise auch Personen, die kaum auffindbar sind. Also die Anforderungen sind sehr unterschiedlich. Ich habe Bereiche, wo ich sehr genau weiß, was ist das für ein Schuldner? Wie tickt der? Ich habe Bereiche, wo ich überhaupt nicht weiß, ob die Adressdaten, die ich bekomme, die richtigen sind. Und das alles zu 100% abzubilden, das gelingt den wenigsten Unternehmen, wenn man dann noch diesen besagten Legal-Tech-Markt, das wir brauchen in Inkasso hinzuzunehmen, das ist ja völlig umgedreht noch mal. Da habe ich ja im Endeffekt den Goliath auf Schuldner-Seite sitzen. Also gehe gegen Unternehmen vor, die ein hohes Maß an rechtlicher Expertise auch haben, die auch viele Mittel und Wege kennen, sich der Zahlung gegebenenfalls zu entziehen. Da muss ich eben gucken, dass ich mich spezialisiere. Wir sehen, dass es immer weniger Unternehmen gibt, die für alle Branchen offen sind. Wir sehen immer mehr Unternehmen, gerade im Mittelstandsbereich, die schauen: „Ich spezialisiere mich auf den Sektor, ich spezialisiere mich auf den Sektor, ich spezialisiere mich auf diese Form des Inkassos.“ Marktvolumen, der Inkassomarkt sich dezidiert an Verbraucher richtet. Das ist so ein neuer Trend, der wird auch ein Stück weit relevanter. Aber die ganz große Zahl der Forderungen, laut Branchenstudien sind es immer so zwischen 80 und 90% der Forderungen, die stammen am Ende von Unternehmen, die Ansprüche von gegenüber Verbrauchern geltend machen wollen.
Alexander: Ja, aber trotzdem gut, dass sich da ein neues Feld auftut. Ja, es darf nicht fehlen, das Thema regulatorische Herausforderungen und Marktauswirkungen. Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht von 2020 hat die Gebühren gedeckelt und die Margen von den Inkassodienstleistern für Forderungen unter 500 € bis zu 49% reduziert. Die Jüngste hat das Zweitmarktgesetz für Kredite – neue Compliance-Anforderungen eingeführt. Was denkst du, welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Inkassounternehmen?
Dennis: Ja, ich hatte das schon angedeutet. Wir gucken jetzt auf eine Dekade intensivster Regulierung zurück. Wir haben vor mittlerweile über zehn Jahren, knapp über zehn Jahren die erste große Regulierungsrunde erlebt, damals noch den äußerst eher abschneidenden Namen „Gesetz gegen unsolose Geschäftspraktiken“. Dann ein paar Jahre später das von dir erwähnte VFINC-Gesetz zur Verbesserung des Inkassorechts und jetzt auch noch mal eine laufende Evaluierung. Wir haben darüber hinaus immer mal wieder gesetzgeberische Anpassungen, die im Bereich der Forderungsrealisierung des Inkassoprozesses relevant sind. Wir haben das Kredit-Zweitmarktgesetz, was so einen Teilbereich der Inkassodienstleistung, die Inkassodienstleistung von Banken an dritte verkaufte Krediteansprüche aus Krediten regelt und davon ein neues Aufsichtsregime etabliert. Wir haben ganz viel erlebt. Was macht das mit dem Markt? Also grundsätzlich ist es mal so, wir sind als Verband nie komplett gegen Regulierung gewesen. Ganz im Gegenteil. Eine der Dinge, für die wir immer eingetreten sind seit über zehn Jahren in all diesen erwähnten Gesetzen, war immer die Zentralisierung der Inkassoaufsicht. Lange Zeit war es so, dass 36 Aufsichtsbehörden, Amts- und Landesgerichte, die Aufsicht über den Inkassomarkt innehatten. Seit dem 01.01. diesen Jahres ist es nur noch eine Bundesbehörde, das Bundesamt für Justiz. Dafür haben wir lange Zeit gekämpft. Wir haben immer gesagt: Ja, wir sehen auch auf dem Inkassomarkt, gibt es schwarze Schafe, da gibt es Unternehmen, die mal als Inkassodienstleister legal agieren, also weil sie eine Inkassozulassung haben, aber jenseits von Graubereichen im Illegalen ihre Geschäftspraktiken haben. Es gibt ganz viele Unternehmen, die gar keine Inkassodienstleister sind, sich aber dazu ausgeben. Und das sind die Unternehmen, die im Endeffekt für den Regulierungsdruck, für das Bedürfnis des Politikers sorgen, neue Gesetze zu schreiben. Wir haben immer gesagt, es gibt Gesetze, die werden aber nicht eingehalten und wenn ihr die Aufsicht nicht stärkt, wenn ihr die Aufsicht nicht zentralisiert und handlungsfähig macht, dann könnt ihr immer neue Gesetze schreiben. Es passiert nichts. Ihr belastet nur die Unternehmen, die compliant agieren und das ist so ein bisschen der Effekt, den wir auch sehen. Wir haben jetzt eine zentrale Aufsicht, das finden wir gut. Mal gucken, ob es der wirklich gelingt, die wenigen bestehenden schwarzen Schafe aus dem Markt zu drängen. Wir haben aber in den letzten zehn Jahren ganz, ganz viele Gesetze gesehen, die in die Inkassokosten reguliert haben, die Informationspflichten untergebracht haben. Der Inkassodienstleister muss mittlerweile seitenweise Informationen zu Forderungen, zum Forderungsgrund, zu den Zinsen und so weiter beermitteln, wo man sich immer mal fragen muss: Ist das wirklich Zielführend? Versteht das der Autonomalverbraucher? Versteht das jeder Schuldner, mit dem man agiert. Man muss sich auch fragen, ob die Gebührenbegrenzung, also die Frage, was darf Inkasso kosten, ob das sinnvoll ist, was da gemacht wird. Es ist so, dass man grundsätzlich als Inkassodienstleister seine Vergütung – das ist eine Dienstleistung, kostet Geld – frei vereinbaren darf. Aber zum Glück ist es auch so, dass im deutschen Recht der schadensersatzrechtliche Grundsatz der Naturalrestitution gilt. Das heißt, wenn ich einen Schaden verursache, zum Beispiel weil ich meine Rechnung nicht bezahle, und der Gegenüber der Gläubiger muss einen Inkassodienstleister einschalten oder einen Rechtsanwalt, dann muss dafür der Schadensverursacher aufkommen. Und was der Gesetzgeber geregelt hat, ist die Frage: Wie viel Geld darf ich als Geschädigter von einem Schuldner verlangen, wenn einen Inkassodienstleister einsetze? Das sind mittlerweile tatsächlich sehr, sehr kleine Beträge. Bei kleinen Forderungen bis 50 € darf die Inkassodienstleistung zwischen 15 und 30 € kosten. Da muss man erst mal einen langwierigen Inkassoprozesse ablaufen lassen. Und wie reagiert man darauf? Entweder der Gläubiger muss für die Rechtsverfolgung zusätzlich Geld bezahlen, also den Teil, den er nicht mehr vom Schuldner erstattet bekommt, muss er selber investieren. Machen viele Gläubiger äußerst ist auch ein Stück weit verständlich. Dem ohnehin gefährdeten Geld noch mal gutes Geld hinterherwerfen, ist möglicherweise keine gute Idee. Die andere Möglichkeit ist, dass der Inkassodienstleister für weniger tätig ist. Machen auch Inkassodienstleister nachvollziehbarerweise äußerst ungern. Die Folge ist am Ende, dass diese Kosten ein Stück weit vergesellschaftet werden. Es landet ein bisschen was beim Auftraggeber. Der holt sich das natürlich irgendwo über den Markt zurück. Der Onlinehändler passt seinen Preis ein Stück weit an, wenn Zahlungsausfälle höher wären und am Ende zahlt das die Allgemeinheit. Und auf der anderen Seite müssen die Inkassodienstleister natürlich schauen, sie bekommen eben nicht mehr die möglicherweise üppigere Vergütung von früher, sondern sie müssen die Gürtel deutlich enger schnallen. Heißt aber auch, dass die Prozesse schmaler gestaltet werden. Ich kann eben nicht mehr so genau auf Schulden der Bedürfnisse eingehen. Ich kann eben nicht mehr eine kulante Regelung für jeden finden, sondern ich muss eben schauen, dass ich da, wo ich Geld herbekomme, meinen Laden auch finanziert bekomme, weil ich ja selber auch Mitarbeitende habe. Wir sehen schon eine Regulierung, die vielleicht gut gemeint ist. Man möchte Menschen, die Entschuldungen ermöglichen. Man möchte Menschen vor unlauteren Kosten helfen, aber nicht immer bis zum Ende gedacht ist. Und ich denke, dass das in Deutschland mittlerweile einen Detailgrad erreicht hat, der den Forderungsprozess als solchen hemmt, der auch Investition hemmt und der am Ende dazu führt, dass viele, viele Schuldner damit durchkommen, ihre Rechnungen nicht zu bezahlen. Und das sind dann am Ende Kosten, die vergesellschaftet werden.
Alexander: Ja, genau. Was du sagst, das ist absolut richtig. Die Katze beißt sich ein bisschen in den Schwanz, die geringe Höhe der Gebühren und dann aber eigentlich die Not, ja, Automatisierung zu machen, weil es eben so viele Fälle sind. Man muss standardisiert vorgehen. Man kann nicht jeden individuell bearbeiten. Vielleicht die ganz Großen können das, aber die Mittleren und die Kleineren nicht. Deswegen, Automatisierung ist ein wichtiger Punkt. Software kann hier helfen oder ist sicherlich das Mittel der Wahl, eben auch Dinge im Arbeitsalltag einfacher zu machen. Die neue Bundesregierung sitzt ja jetzt fast in den Startlöchern. Hopefully the Chancellor will be sworn in soon and will no longer be in office in full capacity, so to speak, and do the things he is currently preparing. Are there some things that will change now with the new federal government? For example, digitalization, the justice system, or do you have one or two other things you would like to share here with the audience?
Dennis: Ja, wir blicken ja doch hoffnungsvoll auf die neue Bundesregierung, die gar nicht mehr, weil die letzte keine Projekte angestoßen hat, aber aufgrund der verkürzten Legislaturperiode ist natürlich einiges liegenbleiben. Es waren einige Projekte in der Pipeline, gerade was die Digitalisierung unseres Justizstandortes anging, auf die wir gekauft haben, die viele Dinge in Deutschland auch hätte für rechtssuchende, aber auch für rechtsanwender, wie ein Inkassounternehmen, deutlich einfach gemacht hätten und wir hoffen schon und darauf deutet der Koalitionsvertrag, der noch nicht unterzeichnet ist, aber hoffen die vielleicht dann bald auch unterzeichnet wird, auch hin, dass die jetzt angegangen werden. Wir sind in Deutschland ja, es ist ja ein sehr verrechtlichter Forderungseinziehungsprozess. Am gewissen Punkt kommen die Gerichte mit rein. Wir haben Gerichtsvollzieher, auch das, Personen, die Hoheitsgewalt ausüben, also Beamte sind. Und wir haben ganz, ganz viele Akteure, Rechtspflegeanwälte, den Kassodienstleister, Gerichte und Co, die irgendwo zusammenwirken müssen. Und Und all diese Akteure haben eigene Systeme. Es gibt keine Schnittstellen, es wird nicht voll digital kommuniziert. In Deutschland ist man nach wie vor, ja, nicht mehr stolz, will ich sagen, aber man war lange Zeit stolz auf die hybride Aktenführung, dass es mal eine Digitalakte gab, aber eben auch noch mal die analoge Akte daneben. Und wir haben so ein paar Absurditäten. Ich will mal ein Beispiel nennen, wenn ich in Deutschland, wenn ich einen Schulden habe, der nicht zahlt und es kommt ja nicht selten vor, 30 Millionen Fälle pro Jahr, da sind eben auch Leute bei, an denen muss ich die relativ lange dranbleiben, auch weil sie im Moment kein Geld haben, weil man sagt: „Wir stunden dir das mal für ein paar Jahre … Und üblicherweise will man ja verhindern, dass eine Forderung verjährt. Das heißt, man holt sich einen gerichtlichen Titel. 🇩🇪 Das ist erst mal ein relativ simpler Prozess auf dem Papier. Man kontaktiert ein Gericht und sagt: „Hier, ich habe hier einen Schuldner." Dann schickt das Gericht, Mahngericht, einen Brief los. Das sind diese oder überkennzeichneten, gelben Briefe. Und wenn ich dagegen eben keinen Einspruch, Widerspruch einlege, dann wird die Forderung tituliert und ist dann eben für 30 Jahre geschützt. Diesen Titel bekommt dann der oder sein Dienstleister und das ist ein Stück Papier. Wir haben im Umlauf in Deutschland, je nachdem, welche Zahl man nimmt, dabei sind, es ist sicherlich eine Zahl, ich spreche von 100 Millionen Titeln, die da irgendwo rumliegen, nicht nur in unserem Sektor, auch in anderen Bereichen, und die werden halt gerade vom Inkassosektor gelagert in großen Lagerhallen und die müssen irgendwo hervorgeholt werden und andere Länder sind dann ein Stück weit weiter. Wir fordern seit vielen Jahren so ein digitales Titelregister, eine Vollstreckungsdatenbank, was auch immer – nicht nur, Papier zu digitalisieren. Das ist ja erst mal so der einfachste Schritt und eigentlich eher so Digitalisierung, wie wir es vor 10, 15 Jahren verstanden haben, aber das wäre hier schon mal ein Fortschritt im Rechtssystem. Sondern auch die Prozesse der Kommunikation zwischen den Akteuren, die müssen digital ablaufen. Das spart am Endeffekt Zeit, spart Aufwände und da muss man eben hinkommen. Es ist aber eben ganz schwierig, ein Stück weit habe ich da auch ein Verständnis zur Politik, die unterschiedlichen Akteure mit ihren Anforderungen dahin gut zu bringen. Wir haben ja allein im Rechtssystem, ich hatte das gerade erwähnt, fünf, sechs, sieben Akteure, die da zentral sind. Wir haben in der Wirtschaft Großgläubiger, die da auch mit interagieren müssen mit solchen Systemen. Das ist also ein spannendes Projekt, was da kommt, aber ich nehme jetzt erst mal, ich war schon in der letzten Legislatur, gab es das Bestreben, hier was zu tun, den Justizstandort wirklich zu digitalisieren, wegzukommen von schriftfreien Erfordernissen, hinzukommen zu digitalen Unterschriften und Co. Und hier könnte vielleicht was passieren. Wir sind optimistisch und da auch für die Branche und für die vielen, vielen Gläubigen im Ball.
Alexander: Wir auch. Ist ja Wahnsinn. 100 Millionen, ja.
Die Räume müssen ja auch gemietet werden. Die kosten ja auch Geld. Also ich glaube, jeder ist sehr interessiert daran, diese Dinge zu digitalisieren und das weg von Papier zu bringen. Und jeder spricht über Umweltschutz. Ja, hier möchte ich wissen, wie viele Bäume 100 Millionen solcher Schreiben repräsentieren, abgesehen mal davon. Ja, vielen Dank für diese Ausführung. Wir haben ja anfangs schon mal über das verantwortungsbewusste Inkassoschutz vulnerabler Gruppen gesprochen. Hatten wir gesagt, das ist eigentlich eine gute Idee, partnerschaftlich vor uns zu gehen. Wie siehst du das Bewusstsein? Ist da wachsendes Bewusstsein bei den Inkassounternehmen, Menschen in finanziellen Notlagen zu unterstützen, verantwortungsbewusst zu unterstützen und trotzdem die Effizienz natürlich auch zu gewährleisten, dass das Recht auch durchgesetzt wird vom Auftraggeber, dass der sein Geld bekommt, weil wie auch immer, die Rechnung wurde nicht bezahlt. Das muss irgendwann bezahlt werden. Da beißt die Maus den Faden nicht ab. Gibt es da bewährte Praktiken, um gefährdete Verbraucher zu identifizieren und zu unterstützen? Und kannst du uns da so ein bisschen noch was aus deinem Erfahrungsschatz berichten?
Dennis: Das ist auch so ein bisschen der Claim, den wir als BDIU seit vielen Jahren haben: „Inkasso heißt Verantwortung“. Wenn ich darüber spreche, ist es wichtig zu betonen, dass die primäre Verantwortung des Inkassodienstleisters natürlich gegenüber dem Auftraggeber besteht. Das ist beim Anwalt nicht anders. Ich bin da ja nun beauftragter Rechtsberater am Ende von einem Auftraggeber, der mal mehr, mal minder in Nöten ist. Wir haben einen Auftraggeber, da geht es auch aus dem privaten Bereich, aber auch in unserem Unternehmensbereich. Da geht es um wirtschaftliche Existenzen. Das sind Personen, die brauchen das Geld, was aussteht, und da muss ich eben gucken, dass ich im Rahmen des Gesetzes alles dafür tue, dass ich diesen ausstehenden Betrag realisiere. Ich hatte das aber auch ganz am Anfang schon mal angedeutet. Es ist eben eine Dienstleistung, die nicht nur zwischen Auftraggeber und Dienstleister sich abspielt, sondern die sich in der Hauptsache zwischen dem Inkassodienstleister und dem Schuldner abspielt. Und da geht es natürlich darum, ich habe rechtlich Instrumentarien, eine Forderung zu realisieren, aber ich kann eben keinen Zwang ausüben, Der Gerichtsvollzieher kann das bis zu einem gewissen Punkt, aber der muss eben auch schauen, was kann ich überhaupt tun. Und oft ist es eben so, gerade in den schwierigeren Fällen, dass ich da sehr begutsam vorgehen muss und gucken muss, wie kann ich über einen längeren Zeitraum hinweg eine Lösung finden, die für den schuldenertragfähig ist, die der auch dauerhaft bedient, beispielsweise eine Ratenzahlungsvereinbarung, und die am Ende des Tages den Bedürfnis des Mandant des Gläubigers stellt. Und da ist es eben, anders als das auch häufig dargestellt wird, nicht so, dass Inkassounternehmen Stumpf Briefe schicken kann, denn es ist im Gegenteil, viele Briefe, gerade von Schuldnern, die hohe Schulden haben, die viele Gläubiger haben, die ignorieren Briefe gerne. Es geht vorrangig mal darum, in den Austausch zu kommen und das gerne in den schriftlichen Austausch oder am Telefon zu sprechen. Viele Inkassounternehmen bieten Plattformlösungen an, wo es auch Chatfunktionen und so weiter gibt. Also es geht darum, in den Fällen, wo die einfache Zahlungserinnerung das aufzeigt mit einer gewissen Konsequenz, Titulierung, Zwangsvollstreckung, Einmeldung bei einer Wirtschaftsauskunft, wo das nicht ausreicht und das ist eben oft der Fall, wenn die Leute kein Geld haben, da geht es darum, eine Lösung zu finden. finden und das funktioniert nur kommunikativ. Und da haben die Inkassodienstleister ein originäres Interesse auch am Auftraggeber dran. Niemand möchte irgendwo im Internet stehen, dass Unternehmen X, Y, Z ein kriminelles Inkassounternehmen beauftragt, das mich unter Druck setzt. Nein, man möchte ja irgendwo eine kollegiale, eine konsensuale Streitbeilegung haben, optimalerweise auch außergerichtlich, also ohne gerichtliche Zwangsmaßnahmen, ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und so. Wir als Verband, wir sind ja nicht … So ein Verband funktioniert ja nicht so, dass ich als Geschäftsführer mir Dinge überlege und dass sich die Präsidentin am die Zweitmann, Dinge überlegt. Es ist ja ein Zusammenschluss vieler Unternehmen und vor ein paar Jahren wurde auf unserer Mitgliederversammlung besprochen: Man muss sich mal irgendwo ein Regelwerk geben. „Inkasso heißt Verantwortung“ ist eine schöne Floskel, aber man muss ja auch mal gucken, was heißt das denn konkret? Wie möchten wir agieren als Mitglieder des BDIU? Was verstehen wir unter „Fairem Inkasso“? Und da haben unsere Mitglieder sich, ich glaube, 73 Regelungen aufgeschrieben, wie sie agieren möchten, was Fairness ist, welche Maßnahmen sind, wie transparent ein Inkassodienstleister sein kann und sollte, was er macht, bevor Zwangsmaßnahmen ergriffen werden, beispielsweise bevor die Zwangsvollstreckung beauftragt wird, was er macht, bevor eine Einmeldung bei einer Wirtschaftsauskunft stattfindet. Das ist ja häufig für viele schon der Worst-Case, dass ich da nachhaltig einen negativen Score habe, der mich davon abhält, Vertragsschlüsse zu vollziehen. Davor haben viele Leute Angst und unsere Mitglieder sagen: „Nein, es muss schon irgendwo transparent sein.“ Der Schuldner muss zu jedem Zeitpunkt eine Möglichkeit haben, die Maßnahme auf der einen Seite zu verstehen, was passiert, wenn ich mich der Zahlung entziehe, aber auch immer eine Möglichkeit haben, das abzuwenden, sei es durch eine Zahlung oder eben auch, wenn er der Meinung ist, das ist keine berechtigte Forderung, die da geltend gemacht wird. Ich bin mir ungerecht behandelt worden. Dann kann es natürlich nicht sein, dass da einfach so die Einmeldung erfolgt. Und da haben sich unsere Mitglieder klare Regeln gegeben. Ich glaube, die haben so ein bisschen Leuchtturmwirkung auch in Deutschland. Also ich stelle schon fest seit vielen Jahren, das ist auch verstärkt, dass ganz viele Auftraggeber eben gucken, ich möchte schon den Inkassodienstleister nehmen, aber ich möchte einen, der hier beim BDIU organisiert ist. Wir müssen immer mal wieder Zeugnis ausstellen, dokumentieren, ja, das ist ein Mitglied bei uns, das stimmt. Also das funktioniert und ich glaube, wir werden auch zusehends in der Öffentlichkeit wahrgenommen als nicht die Good Guys, das werden wir nie, aber als diejenigen, die da doch eine seriöse Rechtsdienstleistung anbieten und auch fair agieren.
Alexander:
Absolut. Also ich finde das toll. So ein ethischer Kodex ist ganz wichtig und ich glaube, wie du ja eben auch sagst, die Auftraggeber schauen auch danach und wählen gezielt eben Unternehmen aus, die diesen ethischen Kodex eben auch befolgen, weil sie Mitglied beim BDIU sind. Also ist eine feine Sache. Es gibt natürlich auch noch die andere Seite im Bereich B2B, dass große Unternehmen ganz bewusst die Zahlungsziele, die sie eigentlich vereinbart haben, 30, 60, 90 Tage, einfach mal auf 90, 180, 270 Tage strecken. Ich hatte in meiner Vergangenheit mit solchen Themen auch zu tun. Das ist natürlich auch sehr, sehr hart, weil du jemanden beauftragt hast, etwas für dich zu tun und dann wirst du da im Regen stehen gelassen. Wie siehst du das so? Ist das weiterhin ein Trend, dass die großen Unternehmen ihre Rechnungen ganz bewusst zur Cash-Flow-Optimierung und Bilanzoptimierung sozusagen verlängern, also diese Praktiken weiterhin so leben oder mehr denn je vielleicht aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation?
Dennis: Ja, ich glaube, es ist grundsätzlich so, dass wir in vielen Lieferketten Abhängigkeiten haben, starke Akteure, die Zulieferer haben, die am Ende sehr, sehr wenige Unternehmen beliefern, sondern nur einen Partner, einen Abnehmer für ihre Produkte. Und da ist natürlich der Abnehmer für die Produkte in einer sehr mächtigen Lage. Wenn der sagt, ich zahle ein bisschen später, dann kann ich da nicht besonders viel tun. Die Europäische Union hat das vor vielen Jahren schon erkannt und hat die Zahlungsverzugsverordnung damals erlassen, also etwas, was unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten anzuwenden ist, und die soll eben tatsächlich den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr regeln, also einerseits zwischen Unternehmen, aber – und das ist auch wichtig – auch zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand. Auch da stellen wir fest, die öffentliche Hand ist alles andere als ein guter Gläubiger. Da sind ganz, ganz viele Rechnungen, die zahlungsverzugsbedingt betroffen sind. Und leider hat die freie Wirtschaft nicht die Möglichkeit, mal eben ihre Dinge selber zu titulieren und selber zu vollstrecken. Also da ist man als Unternehmen, als Partner, als Gläubiger häufig allein gelassen. Und die Europäische Union kennt das schon. Das nimmt jetzt auch wieder zu. Die Konjunktur ist nicht gut und da ist eben so ein mehr oder minder zinsfreier Kredit, den man sich ja durch ein willkürlich festgelegtes Zahlungsziel oder durch Zahlungsverzug da ermöglicht. Der ist natürlich gern genommen. Wir freuen uns ein Stück weit, dass der EU-Gesetzgeber da aktiv wird, die Zahlungserzugsrichtlinie, ich habe es gerade falsch formuliert, die jetzt eine Verordnung erlassen möchte, die da eben Regelungen aufstellt und die auch letzten Endes, das ist der Teil, der für uns interessant ist, erstmalig auf europäischer Ebene auch eine Regelung trifft, wie Inkassokosten aussehen können und auch da so ein Stück weit nach Deutschland schaut. Wir haben ja ein stark reguliertes System, wo gesagt wird, je nachdem, wie hoch die Forderung ist, haben wir klare Sätze. Für eine hohe Forderung dürfen die Inkassokosten höher sein, bei kleinen Forderungen ein bisschen kleiner. Das schaut er sich an und es wird im Moment diskutiert, aber das muss man auch sagen: Der Gegenwind ist natürlich groß, wenn der EU-Gesetzgeber qua Verordnung regeln möchte, wie Zahlungsziele aussehen sollen, die dann auch nicht im Rahmen der Privatautonomie zwischen den Vertragspartnern neu verhandelt werden. Dann gibt es Akteure, die das gut finden. Das sind häufig die kleinen Fische in der Lieferkette, aber es gibt eben auch viele, viele Akteure, die sagen: „Hör mal zu, das bringt mich in ernsthafte Schwierigkeiten. Ich muss dann meine Lagerpraxis überdenken und so Das möchte ich nicht. Also das ist ein sehr kontrovers diskutiertes Gesetzgebungsverfahren. Im Moment hängt es so ein bisschen im Europäischen Parlament und im Rat, aber mal gucken, vielleicht passiert da was. Was, glaube ich, wichtig ist auch da, Inkasso zwischen Unternehmen ist zwar, was die Stückzahl an Forderungen angeht, nicht der relevanteste Part. Ich hatte das eingangs gesagt, so zwischen 80 und 90% der Forderungen sind diese klassischen Dinge gegenüber Verbrauchern. Aber die Forderungen zwischen Unternehmen sind üblicherweise sehr hohe Forderungen. Genau. Das sind auch häufig sehr komplexe Fälle, wo unsere Mitglieder auch oft eine sehr hohe Expertise haben. Es gibt Konstellationen, in denen Schiffe von Reedereien gepfändet, festgesetzt werden, weil da Zahlungen ausstehen, so ein bisschen Druck machen zu können. Das sind dann Fälle, wo man wirklich ein hohes Maß an rechtlicher Expertise auch haben muss, diese Abweite zu lösen. Da haben wir eben auch in unserer Mitgliedschaft viele, viele Unternehmen, die sich darauf spezialisieren.
Alexander: Ja, sehr wichtiges Thema eben auch, weil wenn du dein Geld nicht bekommst und geliefert hast, wie sollst du weiter produzieren? Wie sollst du wiederum deine Rohstofflieferanten, Rohmaterial-Lieferanten bezahlen? Das ist ja ein Rattenschwanz, der dann unter anderem bös enden kann.
Dennis: Ja, wir überlegen gerade, als alle europäischen Mitgliedstaaten letztlich die Welt überlegt im Moment, wie können wir dafür sorgen, dass wir unsere Unternehmen liquidehalten? Wir leben in laufenden Insolvenzwellen. Das hat viel damit zu tun, dass wir nachgelagerte Effekte zur Pandemie haben. Es gibt Branchen, die eben auch nicht wirklich zukunftsfähig aufgestellt sind. Das hat mit der wachsenden Bedeutung von Onlinehandel und Co zu tun, aber es gibt eben auch Bereiche, wo ich schlichtweg Liquiditätsprobleme habe, weil ich auch schon den Forderungen habe und das können Unternehmen, die Inkassounternehmen löst. Also unsere Mitgliedsunternehmen führen dem Wirtschaftsstandort jährlich 6 Milliarden Euro sonst tatsächlich verlorenen Geldes zurück. Und wenn man sich so überlegt, was, wie viel kostet also diese 6 in den Laden. Das ist schon das eine oder andere große Projekt, was die Bundesregierung in Angriff nehmen möchte. Das ist schon ein Watzen Geld, der da über das Inkassos zurückgeführt wird. Und dabei betrachten wir eben nicht, was unsere Mitgliedsunternehmen abseits des Inkassos machen. Die machen verzugsbefindliche Forderungen, aber unsere Mitgliedsunternehmen sind eben auch als Finanzierer unterwegs, indem sie in by now, pay later Modellen Forderungskauf betreiben, also dafür sorgen, dass der Onlinehändler schlichtweg sagen kann: „Ich kümmere mich den Vertragschluss und bekomme das Geld von meinem, in Anführungsstrichen, Inkassopartner von dem Unternehmen, und das kümmert sich dann die Abwicklung und die Realisierung des Ganzen. Also da sind ganz viele Dienstleistungen, die stark nachgefragt werden, die wachsende Nachfrage erleben. Da helfen uns im Endeffekt das Unternehmen, den Bejagt-Standort.
Alexander: Ich habe noch eine andere Frage, und zwar: Wie ist denn die Zukunft der Inkassobranche. Da haben wir ja schon jetzt ausgeblich drüber gesprochen. Es sieht ja eigentlich ganz gut aus. Die Fälle steigen, es tun sich neue Felder auf. Wie ist denn die Zusammenarbeit zwischen den Inkassounternehmen? Wie siehst du das? Ich könnte mir so vorstellen, eben, weil es ja auch viele kleine und mittlere Unternehmen gibt. Tun die sich in Partnerschaften zusammen oder kocht doch jeder eben ein bisschen mehr so sein Süppchen aus gutem Grund, weil er das schon sehr lange macht und auch weiß, dass das gut für ihn funktioniert. Siehst du da, dass sich da was tut, dass die in Kassenunternehmen sich zusammentun, Partnerschaften schließen, vielleicht auch mit Technologieranbietern sich zusammentun, Dinge in ihrem Bereich zu bewegen?
Dennis: Du sagtest, das sieht ganz gut aus. Ich glaube, man muss das erst mal vorab ein bisschen differenziert betrachten. Ich glaube, der Inkassomarkt grundsätzlich ist einer, der quantitativ stabil ist, der auch wächst. Es werden mehr Forderungen, aber es sind eben sind kleinteiligere Forderungen. Ich hatte das kurz erwähnt, die Inkassokosten, die orientieren sich an der Forderungshöhe. Je kleiner die Forderungen werden, umso weniger Geld bekomme ich letzten Endes als Inkassodienstleister dafür. Und der Aufwand ist jetzt nicht großartig unterschiedlich Ich sage mal, ich nehme Alex: ob du jetzt eine Jeans nicht bezahlst in Höhe von 60 € oder ob du einen gesamten Kleineinkauf für deine Familie, für was weiß ich, vier, fünf Personen nicht bezahlst. Am Ende ist der Arbeitsaufwand, den der Inkassodienstleister hat, der gleiche, aber die Höhe der Inkassokosten ist eben deutlich niedriger. Und es wird ja nicht weniger gekauft, es wird eben kleinteiliger gekauft. Das heißt, ich muss mehr Arbeit leisten für niedrigere Gebühren. Das ist erst mal die Situation. Deswegen würde ich sagen, Der Inkassomarkt, es gibt eine große Nachfrage an die Inkassodienstleistung, das Marktvolumen steigt quantitativ, aber die Inkassounternehmen müssen eben gucken, wie können sie die wachsende Nachfrage befriedigen, ohne die Qualität der Dienstleistung abfallen zu lassen. German: Und dabei müssen sie eben auch die weiteren regulativen Kosten und Co. Wir hatten das erwähnt, es gibt zwei Aufsichtsbehörden mittlerweile, es gibt viele Berichtspflichten und so weiter und so fort. Wie kann man das in Einklang bringen? Und da stellen wir schon fest, eine gute Lösung ist natürlich Digitalisierung, Automatisierung, auch die Einbindung von künstlicher Intelligenz. Die kann menschliche Mitarbeiter nicht ersetzen, aber sie kann eben gucken, dass ich die vorhandenen Personalkapazitäten, die ich habe, die sich auf die wichtigen, komplexen Fälle konzentrieren und die Maschine im Endeffekt, die künstliche Intelligenz, was auch immer man nimmt, die kann sich die einfachen, trivialeren Fälle kümmern, die simplen Rückfragen klären. Aber Digitalisierung in einem Unternehmen erfordert ja auch Geld. Und da sehe ich schon, dass größere Unternehmen können diese Entwicklung vollziehen. Die haben die nötigen finanziellen Kapazitäten, teilweise auch Fremdkapital, Zugriff auf Fremdkapital, dass sie investieren können, die notwendige Digitalisierung zu vollziehen. Aber gerade der Mittelstand in Deutschland, und ich hatte das eingangs erwähnt, wir sind schon eine sehr mittelständisch geprägte Industrie und die vielen, vielen kleinen Unternehmen, die stehen natürlich vor einer Air-Code. Deswegen ist es ein Sysyphusaufgabe. Wir sind in so einem Hamsterrad aus Regulierung, Evaluierung, Regulierung und es kommen immer neue Pflichten, es kommen immer neue aus dem Bereich Datenschutz, aus dem Bereich Berufsrecht und so weiter, immer neue Dinge, die ich tun muss. Und ganz viele kleine Unternehmen stehen wirklich vor der Frage: „Wie lange kann ich das noch leisten? Wie lange kann ich meine Dienstleistung noch erbringen? Wir erleben, dass der Markt, was die Aufträge angeht, wächst, aber die Dienstleistung der Bringer, die Anzahl der aktiven Inkassounternehmen, die nimmt rapide ab. Ganz viele kleine Unternehmen geben ihr Geschäft auf, sei es, weil die handelnden Personen alt sind, weil sie keine Nachfolge finden. Das ist kein singuläres Inkassoproblem, aber wir sehen eben auch Geschäftsaufgaben, Fusion, Aufkäufe im Bereich der aktiven Unternehmen, wo Leute einfach sagen: „Ich kann das nicht mehr leisten und es gibt immer mal Überlegungen, ob sich einzelne Inkassounternehmen zusammenschließen müssen, Know-how zu googeln.
Alexander: Genau!
Dennis: Aber auch das ist nicht einfach. Ich sagte gerade, ich kann nicht mal eben so, wenn ich jetzt spezialisiert bin auf den kleinen Handwerker bei mir in der Region und ich habe ein anderes Unternehmen, was irgendwo im Raum Norddeutschland oder so was, wie ich gerade sagte, für Region Rhine da ist. Das sind zwei unterschiedliche Anforderungen. Meine Systeme, meine Arbeitsprozesse sind völlig unterschiedlich ausgerichtet. So mal eben sagen: „Wir schließen uns zusammen, wir teilen uns die Kapazitäten auf. Das ist tatsächlich schwieriger getan, als gesagt. Was glaube ich, wir als Verband versuchen, ein Stück weit zu unterstützen. Wir versuchen zumindest mal, die Kapazitäten zu schonen, die die Adaption an neue Gesetze mit sich bringen. Wir versuchen da, möglichst viel Services für unsere Mitglieder zu erbringen, aber umzusetzen, muss ich ein Gesetz am Ende eben doch selbst. Also ich würde sagen, ja, Kooperation. Wir sehen das auch durch Fusion, Merger und Co. Es gibt die großen Unternehmen, die wachsen, die können die Regulierungsflut bewältigen, aber viele, viele kleine Unternehmen stehen eben vor unerlösbaren Aufgaben. Und ganz am Ende des Tages sind das eben Unternehmen, die nicht viele Forderungen bearbeiten, aber die irgendwo in der Fläche gebraucht werden, die in der Provinz bekannt sind. Ich kümmere mich über die Forderungen von dem Kleingartenlandschaft Wirtschaftsbauer, von dem Bauer, was auch immer.
Alexander: That’s important.
Dennis: Und das macht eben auch der große Akteur nicht. Das muss man ganz klar sagen. Große Inkassounternehmen haben kein Interesse daran, hochindividualisierte Fälle zu bearbeiten. Die müssen eben. Und da springen eben die Kleinen rein, aber da gilt eben so ein kleines Unternehmen, für einen Ein-Mann-Betrieb, zwei Mann-Betrieb, zwei Frauen-Betrieb, ganz, ganz viele Inkassounternehmen drin gibt es. Da gelten die gleichen Regelungen wie für die Großen. Wir stehen da schon vor der Herausforderung und das ist auch für unseren Rechtsstaat ein Problem. Wie gesagt, am Ende geht es darum, Menschen Zugang zu Recht, zu Rechtsberatung, auch zur Lösung unseres Rechtssystems zu verhelfen. Und da brauche ich eben die Vielzahl an Dienstleistern und die nimmt es rapide ab.
Alexander: German: Ja, eigentlich war das ein wunderschöner Spoiler zu meiner nächsten Frage, die wir schon beantwortet haben: Welche Rolle spielt die Technologie im KASO? Das ist genau der Punkt, wie du gesagt hast, Technologie ist eigentlich grundsätzlich ein sehr, sehr wichtiges Thema, weil es eben die Dinge vereinfacht, weil man auch mit wenigen Leuten viele Fälle bearbeiten kann, aber dadurch, dass die Forderungen ja alle kleinteiliger werden und somit die Gebühren, die man einnehmen kann, eben gerade oder vielleicht nicht mal die Kosten decken, beißt sich die Katze hier wiederum in den Schwanz, wenn Technologie teuer ist oder auch künstliche Intelligenz in einer Software, ist es nicht so einfach. Deswegen spielt, glaube ich, auch die Zeit für die Unternehmen, weil Technologie wird immer günstiger. Man kann die Dinge günstiger anbieten, man kann Dinge sozusagen oft vom Regal anbieten, oft auf der Shelf, wie das heißt, die schon vorkonfiguriert sind, wo man eben nicht mehr sich große Gedanken machen muss: „Oh Gott, wie kriege ich denn jetzt so eine Software oder so eine KI zum Laufen? Da gibt es mittlerweile sehr smarte und kleine Lösungen, die auch kleineren Unternehmen weiterhelfen können.
Ich komme zu meiner letzten Frage, lieber Dennis: Was siehst du denn so als Ausblick?
Was für Innovationen und Strategien werden in Zukunft entscheidend sein, um Inkassounternehmen wettbewerbsfähig zu halten und auch widerstandsfähig zu halten? Wir haben viele Punkte schon angesprochen, aber vielleicht kannst du noch mal so ein kleines Resümee geben, was die Leute dann als das Letzte gehört ist, was sich ja oft am besten im Kopf einprägt und vorhanden bleibt, was du da so siehst.
Dennis: Ja, ich glaube, es geht, es wird im Inkasso immer darum gehen, die vielen, vielen Sachverhalte, viele, viele Fälle, Forderungen, hinter denen ja oft auch Einzelschicksale und so weiter stecken, zu analysieren und da Zeit zu sparen und möglichst schnell entscheiden zu können, welcher Prozess ist gefragt für welche Forderungen? Wo muss ich menschliche Expertise, menschliche Empathie reinstecken? Wo ist das gefragt? Wo ist letzten Endes nur gefragt, dass ich den Brief oder die Kontaktaufnahme, den Anruf oder die Textnachricht, was auch immer, zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Stelle stecke? Also welcher Schuld, aber auch nur eine kleine Erinnerung und möglichst einfach aufgezeigten Weg, die Sache zu bezahlen, die Sache beizulegen. Wie kann ich meine Prozesse effektiv steuern, menschliche Ressourcen sparen? Weil am Ende des Tages, das Problem wird sich auch nicht lösen. Wir haben einen Arbeitskräftemangel, in Deutschland und das ist auf allen Ebenen, die Gastentwicklung auf der Sachbearbeiterebene bis hin zu den hochqualifizierten Juristen. Es ist schwierig. Da ist ein großer, großer Kampf Talente und Arbeitskraft und die muss ich eben als Unternehmen möglichst effizient, möglichst zielgerichtet mit einsetzen, Inkassosachverhalt schnell zu klären, aber eben auch sozial vertretlich aus einem Guss zu klären. Und ich glaube, die große Herausforderung, die da ist, ist, dass ich die Technologien, die da sind, effektiv einsetze, um meine Personalkapazität, die ich immer brauche, in Inkasso bleibt, eine personalintensive Dienstleistung, die zu schonen und zielgerichtet einzusetzen. Und ich glaube, es ist generell eine große Herausforderung und das ist ein Thema, dessen der Regulierer, die Gesetzgebung am Ende annehmen muss. Wir müssen den Balance Act auch schaffen. Wir müssen zulassen, dass künstliche Intelligenz, dass Digitalisierung in allen Bereichen voranschreitet. Wir müssen da ein Stück weit mutig sein. Natürlich muss man schauen, dass der Einsatz von digitaler Technologie, von künstlicher Intelligenz nachvollziehbar bleibt. Wir müssen sicherstellen, dass irgendwo eine menschliche Kontrolle immer da ist, aber wir dürfen nicht zu ängstlich sein, weil Ohne Digitalisierung, ohne den Einsatz, gerade im Inkasso, ist es ein Bereich, der auf Interaktion, auf Kommunikation setzt, wird das nicht funktionieren. Wir sehen, dass da andere Wirtschaftsräume, wenn man so will, uns einiges voraus sind. Wir haben jetzt die KI-Verordnung in Deutschland beispielsweise beschlossen. Sie ist noch gar nicht vollständig in Kraft getreten. Sie wird schon heute kritisiert. Die Europäische Union nimmt jetzt einen neuen Anlauf, das Ganze noch mal ein Stück weit zu reformieren. Ich glaube, das ist wichtig. Es reicht eben nicht aus, die Technologie zu haben. Ich muss auch meine Unternehmen, meine Wirtschaft, die Menschen dazu ermutigen, sie anzuwenden und da darf ich eben nicht so viele Barrieren haben. Da sind sicherlich auch Dienstleister eine Möglichkeit. Wir haben hier auch eine Reihe an Dienstleistern – Cribe ist ja eine davon – im Verband, die schauen, dass ich, du sagtest, das ist eine Lösung von der Stange anbiete für kleinere Unternehmen, individualisierte Produkte für Großunternehmen. Aber auch ihr müsst ja schauen, was ist technologisch möglich und was ist davon dann auch noch rechtlich einbringbar. Und ich glaube, das müssen Unternehmen lösen, aber es muss eben auch der Gesetzgeber ein Stück weit Möglichkeiten schaffen, Spielräume bieten, die genutzt werden können.
Alexander: Genau! Ich glaube, Offenheit ist da ein wichtiges Thema, Technologieoffenheit, Dinge sich einfach mal anzuhören, sich mal darauf einzulassen und dann zu gucken, wie das vielleicht in Zukunft werden kann.
Dennis, ich sage ganz, ganz viel herzlichen Dank beim Credit One-to-One, dass du dir die Zeit genommen hast für deine großartige Expertise. Es macht Spaß, dir zuzuhören. Ich nehme immer wieder auch Dinge für mich selber mit und möchte mich recht herzlich für deine Zeit bedanken. Ich schicke viele Grüße nach Berlin und wünsche dir noch eine gute Restwoche und freue mich, dich bald auf der BIDU-Tagung am wunderschönen Timmendorfer Strand zu sehen. Das ist ja gar nicht mehr so lange dahin. Wahrscheinlich habt ihr sehr viel Arbeit gerade noch. Die letzten Meter sind immer nicht gehen, sondern sprinthäufig, auch wenn ihr schon sehr oft gemacht, aber wir freuen uns sehr, dabei zu sein und ich freue mich auch, dich dann dort wieder zu sehen.
Dennis: Vielen herzlichen Dank für alles. Alexander, vielen Dank auch dir. Hat mir auch Freude gemacht. Freut mich, dass wir uns am Timmendorfer Strand sehen. Ehrlicherweise, die Arbeit liegt hier größtenteils beim Team. Wir sprangen jetzt schon darüber, ich bin seit gestern erst aus der Elternzeit zurück und bereite mich auch noch auf meinen Auftritt vor am Timmendorfer Strand. Aber ich freue mich mit mir, glaube ich, für eine spannende Tagung und viele der Themen, die wir heute angesprochen haben, können wir da gerne auch vertiefen.
Alexander: Wunderbar!